Radtour rund um den Untersberg von Bad Reichenhall nach Berchtesgaden

Das Berchtesgadener Land ist Bilderbuch-Oberbayern. Rund um Königssee und Watzmann liegt eine Region, die ganz sicher zu den schönsten Deutschlands zählt. Für Wanderer und Mountainbiker ein Paradies, für Genussradler jedoch ein schwieriges Terrain, denn die heftigen Steigungen machen wenig Freude. Eine Ausnahme: die Runde um den Untersberg. Sie ist auch nicht anspruchslos, zählt aber zu den Radtouren im Berchtesgadener Land, auf denen der Genuss im Vordergrund steht – zumal, wenn du mit dem E-Bike unterwegs bist. Mit landschaftlichen Höhepunkten ist sie trotzdem gespickt.

Ein echtes Paradies für Genussradler ist übrigens der Rupertiwinkel, der nördliche Zipfel des Berchtesgadener Landes mit seinen sanften Hügeln und zahlreichen Seen. Zwei meiner Lieblingstouren: die aussichtsreiche Tour rund um den Waginger See oder die Burgentour von Tittmoning nach Burghausen.

Radtour rund um den Untersberg

Es geht ab Bad Reichenhall (oder alternativ ab Berchtesgaden) rund um den Untersberg, der wie ein Koloss ins Voralpenland ragt. Er ist das nördlichste Massiv der Berchtesgadener Alpen und ein Berg, um den sich zahllose Sagen und Mythen ranken. Die Grenze zwischen Bayern und Salzburg verläuft mitten über den Berg, und du passierst unterwegs auch öfter mal die Grenze. Nach der Hälfte des Weges stiehlt dem Untersberg dann der Watzmann die Show.

Von Bad Reichenhall nach Bayerisch Gmain

Ausgangspunkt ist der Bahnhof von Bad Reichenhall. Perfekt für alle, die öffentlich anreisen. Und Autofahrer finden ringsum auch garantiert einen Parkplatz. Von dort radelst du auf der Bahnhofstraße in Richtung Kurpark, biegst aber vorher links in die Rinckstraße ab. Es geht durchs Kurviertel mit eleganten Villen aus der großen Zeit der Kurbäder und vorbei an einigen Kliniken. Dann biegst du rechts auf die Salzburger Straße ab und gleich wieder links in die Adolf-Schmid-Straße, deren Verlängerung die Reichenhaller Straße ist. Hier bist du bereits auf dem Radweg nach Bayerisch Gmain und folgst immer dem Radwegsymbol. Bald erhebt sich vor dir der Predigtstuhl, der Reichenhaller Hausberg mit Bergbahn und Berghotel, und die erste knackige Steigung liegt vor dir. 

Du passierst das Ortsausgangsschild Bad Reichenhall und radelst geradeaus bis zu einem Hingucker: die mächtige, geschindelte Pfarrkirche St. Nikolaus von der Flüe mit ihrem markanten Spitzturm. Sie wurde erst 1957 errichtet und ist dem Schweizer Nationalheiligen geweiht. Wo die Reichenhaller Straße nach rechts abzweigt, fährst du immer weiter geradeaus – zunächst auf dem Dötzenweg, dann auf der Großgmainer Straße. Inmitten der Bayernidylle rückt der Turm der Kirche von Großgmain ins Blickfeld. Du passierst die Grenze nach Österreich und kurz vorm Ortszentrum den Weißbach. 

Grenzwechsel: Großgmain und Marzoll

Links taucht bald die Wallfahrtskirche zu Unserer Lieben Frau auf, die einen Stopp lohnt. Innen erhebt sich die lebensgroße gotische Steingussmadonna, die seit dem 15. Jahrhundert als wundertätig verehrt wird. Ein besonderer Platz liegt hinter dem Friedhof: der berühmte Marienheilgarten, ein Natur-Kunst-Garten, der Kraft- und Gnadenort sein will. Er besteht aus zwei Kreisen, die miteinander verbunden sind. Im Zentrum des ersten steht eine Marienstatue, um die herum Blumen blühen und Heilkräuter würzig duften. Im Zentrum des zweiten Kreises ruht der so genannte Untersbergstein, dem besondere Kraft zugesprochen wird. Sinnliche kleine Momente, du wieder aufs Rad steigst. 

Du radelst immer weiter geradeaus auf der Salzburger Straße. Zur Linken grüßt der Hochstaufen, davor saftige Wiesen, bimmelnde Kühe, alte Bauernhäuser und hinter dir der Predigtstuhl. Wenn du die Fürstenbrunnerstraße erreichst, kannst du einen Abstecher nach Marzoll einschieben, wo Schloss, Kirche und Biergarten locken. Inzwischen bist du nach dem kurzen Abstecher über die Grenze auch schon wieder in Bayern. 

Schloss Marzoll mit seinen steinernen Zinnen will so gar nicht ins hiesige Bauernland passen. Sein quadratischer Grundriss mit vier Ecktürmen war zur Bauzeit im frühen 16. Jahrhundert eine Besonderheit in der Region – eines der ersten Bauwerke im Stil der Renaissance, der in Italien längst populär, in Deutschland aber noch so gut wie unbekannt war. Das Schloss ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen, aber vom Schlossteich kannst du einen Blick erhaschen. 

Anders als das Schloss steht die angrenzende Kirche St. Valentin, die bereits 789 erstmals urkundlich erwähnt, aber vielfach verändert wurde, Besuchern offen. Wenn du mit dem oder der Liebsten unterwegs bist, solltest du unbedingt den Kirchenpatron, den das Altarbild des Hochaltars in Lebensgröße zeigt, besuchen. Schließlich ist Valentin (Valentinstag!) der Patron der Liebenden und der Ehepaare. Eine kleine Pause? Gegenüber von Schloss und Kirche liegt der Schlossberghof mit Biergarten. 

Sagenumwoben: der Untersberg

Dann geht es weiter entlang der Salzburger Straße. Dies ist der unruhigste Teil der Radtour, den du so schnell wie möglich hinter dir lassen willst. Aber keine Sorge, die Höhepunkte kommen ja noch. Vor der Unterführung der A8 biegst du rechts auf den Tauernradweg ab.

Noch dröhnt die Autobahn, aber das vergisst du schnell beim Anblick des gewaltigen Untersbergs, den du ja umrunden willst. Besonders im Frühjahr ist er mit seiner Schneekuppe ungemein eindrucksvoll und Ehrfurcht einflößend. Sein Gipfelplateau wird von zwei Hauptgipfeln dominiert: dem Berchtesgadener Hochthron (1.972 Meter) und dem Salzburger Hochthron (1.853 Meter).

Im Inneren des gewaltigen Bergmassivs liegen zahlreiche Höhlen – der Hauptgrund vermutlich, weshalb sich so viele Sagen und Mythen um den Berg ranken. Die vielleicht bekannteste Untersberg-Sage erzählt, dass Kaiser Karl der Große im Untersberg auf seine Auferstehung wartet und alle hundert Jahre erwacht. Wenn er sieht, dass immer noch Raben um den Berg fliegen, heißt es, schläft er ein weiteres Jahrhundert. Eine andere Version der Sage rückt Kaiser Friedrich Barbarossa und seinen Bart in den Mittelpunkt, der im Berg bis zu seiner Auferstehung schlafen soll. 

Kaum hast du der Autobahn den Rücken zugekehrt, umfängt dich paradiesische Ruhe. Es geht immer geradeaus durch eine entschleunigte Landschaft – mal durch freies Land, mal auf einem Waldweg durch einen schattigen Buchenhain. Und immer wieder vor dir oder seitlich von dir der Untersberg.

Schloss und Gut Glanegg

Nach einer Weile geht es zunächst auf dem Salzweg, dann auf dem Fürstenweg und schließlich auf der Fürstenbrunner Straße durch Fürstenbrunn. Hinter der Siedlung zweigst du nach links in Richtung Schloss Glanegg ab. Das Schloss, das vermutlich aufs 13. Jahrhundert zurückgeht, thront imposant auf einem Hügel. Zu Füßen der Anhöhe liegt die ehemalige Meierei, heute ein Gutshof, der in Privatbesitz ist und umfahren werden muss. 

Beim Weg um das hochherrschaftliche Gut herum passierst du auch die Auffahrtsallee mit mächtigen Rotbuchen. Dahinter geht es weiter geradeaus entlang der Nebenstraße nach Grödig. Du folgst aber nicht dem Radweg geradeaus, sondern biegst hinter dem Ortsausgang Glanegg schräg links ab. Für eine besonders schöne Einkehr lohnt sich nämlich der Schlenker nach Eichet. Dort liegt das Landhotel Mostwastl mit wunderbarem Gastgarten, wo unter schattigen Kastanien und mit Bergblick österreichische Spezialitäten serviert werden. Wenn du weder hungrig noch durstig bist, fährst du auf direktem Weg nach Grödig.

Im Schatten des Untersbergs

Ansonsten lässt du Eichet gestärkt hinter dir und biegst von dort auf den Radweg nach Grödig ab. Vor dir wieder der Untersberg mit einigen seiner höchsten Spitzen, dem Salzburger Hochthron und dem Geiereck, zu dem sogar eine Gondel hinaufschwebt. Du biegst bei nächster Gelegenheit rechts nach Grödig ab und genießt die Traumkulisse: Bauernhöfe, Wiesen, Berge, Berge, Berge und Kirchtürme.

Weiter geht es durch eine Unterführung, und bist du auch schon in St. Leonhard, wo die Talstation der Untersbergbahn liegt, mit der du hinaufschweben könntest. Wenn du keine Lust auf oder keine Zeit für eine Bergpartie hast, lässt du die Talstation rechts liegen. Wenn du auf die Berchtesgadener Straße stößt, überquerst du diese und radelst geradeaus auf den Kirchturm der Wallfahrtskirche St. Leonhard zu, die sich auf einer Anhöhe zwischen Königsseeer Ache und Untersberg erhebt. Ein besonderes Event ist hier der alljährliche Leonhardiritt am Sonntag rund um den 6. November. Dann zieht ein imposanter Wallfahrtszug mit Kutschen und Reitern von Marktschellenberg nach St. Leonhard.  

Zurück in Bayern

Nach dem Abstecher radelst du zurück zur Berchtesgadener Straße, der du auf dem Radweg nach links folgst. Wenige Minuten später bist du schon wieder in Deutschland und nimmst Kurs auf Marktschellenberg. Wenn du dich dem Ort näherst, taucht zur Rechten der Marktschellenberger Turm, ein alter Wehrturm, auf. Du kannst ihn nicht besteigen, nur seine Wehrhaftigkeit bewundern. Links der Straße rauscht die Königsseer Ache, die bald als Berchtesgadener Ache weiterfließt.

Der schmale Radweg entlang der Straße ist laut und unruhig, aber wenn du den Turm passiert hast, geht es schon bald nach rechts auf einen Radweg, der oberhalb der Straße verläuft und dich nach Marktschellenberg bringt. Sehr nett ist die Café-Konditorei Margit im Ortszentrum, direkt an der Ache und mit Blick auf den Hohen Göll von der Terrasse. Berühmt sind die Frühstücksspezialitäten und die leckeren Kuchen. 

Dann geht es über die Brücke und rechts weiter in Richtung Berchtesgaden, dann nochmals rechts über den Fluss. Nun ist das Freibad ausgeschildert, das recht klein ist, aber nett für eine kurze Abkühlung. Gegenüber, direkt am Radweg, liegt ein Kneippbecken für den schnellen Frischekick.

Es geht nun mal rauf, mal runter auf dem Radweg, der parallel zum Fluss verläuft. du radelst immer geradeaus in Richtung Almbachklamm, einer wildromantischen Schlucht am Fuße des Untersbergs, die der Almbach durchtost und die beliebt bei Wanderern ist. Am Eingang der Klamm liegt die letzte von einst zahlreichen Marmorkugelmühlen, der du bei der Arbeit zuschauen kannst. Seit rund 350 Jahren werden hier Brocken aus Untersberger Marmor mit Wasserkraft und mit Hilfe eines Schleifsteins aus Sandstein zu Kugeln geschliffen. Je nach Größe der Kugeln dauert das 2–7 Tage. Früher wurden sie als Murmeln in alle Welt exportiert, heute sind sie nette Souvenirs, die du am Kiosk erstehen kann. Nebenan bietet das Gasthaus zur Kugelmühle bayerische Küche.

Dann folgst du dem geschotterten Weg direkt am Ufer der Ache entlang, deren Rauschen wunderbar beruhigend klingt, nach Berchtesgaden. Eine schöne Strecke, die mal durch den Wald führt, mal durchs freie Land mit Bergpanorama vor dir. Du passierst auf einer Brücke das Wasserkraftwerk Gartenau, ein Industriedenkmal. Das Laufwasserkraftwerk an der Berchtesgadener Ache erzeugte schon 1908 Bahnstrom für die Deutsche Reichsbahn. 2011–2013 wurde das Kraftwerk grundlegend saniert und die Leistung deutlich erhöht. Du fährst auf der anderen Seite der Ache weiter nach Berchtesgaden.

Der Watzmann ruft

Plötzlich erhebt er sich majestätisch vor dir: der Watzmann (2.713 Meter), das dominante Bergmassiv der Berchtesgadener Alpen und das Wahrzeichen des Berchtesgadener Landes. Imposant thront der Berg mit seinen drei Haupt- und fünf Nebengipfeln über dem Berchtesgadener Talkessel. Der Legende nach tyrannisierte der böse König Watze das Berchtesgadener Land, aber Gott strafte ihn dafür, indem er ihn mitsamt seiner Familie zu Stein erstarren ließ. Der legendäre Ramsauer Bergführer Johann Grill wagte 1868 als erster die Überquerung der drei Hauptgipfel, und einige Jahre später gelang ihm 1881 als Erstem die Bezwingung der berüchtigten Watzmann-Ostwand. Auch heute noch ist die Ostwand gefürchtet – insgesamt forderte der Berchtesgadener Schicksalsberg mehr als 100 Todesopfer.

Wo die Ache eine Kurve dreht, wechselst du noch einmal die Flussseite und radelst auf der Salzburger Straße in die Stadt. Du biegst dort, wo links der Parkplatz zum Salzbergwerk liegt, rechts ab und radelst auf der Salzburger Straße, dann auf der Straße Nonntal direkt ins Ortszentrum. Wenn du auf die Locksteinstraße triffst, die von rechts oben aus Maria Gern auf die Salzburger Straße stößt, schiebst du diese kurz bergauf für den besten Fotoblick auf Berchtesgaden vor der Kulisse des Watzmanns. Ein echter Wow-Moment!

Highlights in Berchtesgaden

In Berchtesgaden angekommen, radelst du gemütlich auf den Schlossplatz zu. Die schmalen Inn-Salzach-Häuser umringen Stiftskirche und Schloss Berchtesgaden. Das einstige Chorherrenstift der Fürstbischöfe diente nach der Säkularisierung weltlichen Herrschern als Domizil und wurde zum Schloss.

Sehr sehenswert ist der romanische Kreuzgang mit Figurenkapitellen, die biblische Geschichten erzählen. Wie einst die Mönche kannst du eine Runde im Kreuzgang drehen, den du vermutlich für dich allein hast. Ein Träumchen!

Vom Schloss ist es ein Katzensprung zum langgezogenen Marktplatz mit einem Brunnen aus dem 16./17. Jahrhundert im Zentrum und umgeben von historischen Gebäuden. Ein besonderer Hingucker ist das Hirschenhaus mit netten Lüftlmalereien. 

Hinter dem Marktplatz hältst du dich rechts und radelst wieder auf den Watzmann zu. Bald kommst du direkt am Haus der Berge vorbei, dem sehr modernen Nationalparkzentrum, das in Ausstellungen umfassend über den einzigen Alpennationalpark Deutschlands informiert. Der Radweg führt dann wieder an der Berchtesgadener Straße entlang. Der Watzmann verschwindet kurz aus dem Blickfeld, um sich dann noch einmal umso gewaltiger mit seinen Kindern zu zeigen. 

Zurück nach Bad Reichenhall

Der Rückweg führt zunächst auf dem Radweg an der Hauptstraße entlang. Keine Freude. Gut 10 Kilometer vor Bad Reichenhall überquerst du dann die Bahngleise und kommst wieder auf einen ruhigen Radweg, der fern vom Lärm der Straße am Berghang entlangführt. Noch eine herrliche Abfahrt durch ein schattiges Waldstück, dann bist du auch schon wieder in bekanntem Terrain und radelst durch Bayrisch Gmain nach Bad Reichenhall zurück.  

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