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Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters von München nach Murnau

Osterseen bei Seeshaupt

Vor gut hundert Jahren setzte eine Münchner Malerclique neue Akzente in der Kunst. Gabriele Münter, Wassily Kandinsky, Franz Marc, Marianne von Werefkin, Alexej von Jawlensky und andere ergriff ein paar Jahre vor dem Ersten Weltkrieg die Landflucht. Sie zogen von München in die Region zwischen Murnau und Kochel und gründeten die Künstlergruppe Blauer Reiter. Die Region vermarktet sich heute als Blaues Land.


Meine Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters führt in vier Tagen von München über Penzberg und Kochel nach Murnau und zurück nach München. Eine spannende Radtour im Blauen Land, die Kultur und Natur perfekt vereint. Bikepacking auf die bequeme Art. Unterwegs warten Museen und Kunstspaziergänge und natürlich die traumhaften Landschaften, die die Künstler zu unzähligen Werken inspirierten. Du findest hier die wichtigsten Adressen für Kunst und Kultur, aber auch ein paar Tipps zum Übernachten und Einkehren und natürlich den Link zum GPS-Track.

Tag 1 Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters | Etappe 1: München – Bad Heilbrunn

Vom Münchner Zentrum geht es auf dem Isarradweg über Pullach zum Starnberger See. Du radelst zunächst ein Stück vom See entfernt auf der Ostseite des Sees in Richtung Seeshaupt, rückst dem Ufer aber immer näher. Es gibt unterwegs reichlich Gelegenheiten für kleine Abstecher und Pausen. Am Badeplatz Percha-Kempfenhausen könntest du schon mal in den See springen. In Berg kannst du an der Votivkapelle nach dem Platz Ausschau halten, an dem Ludwig II. im See ertrank. In Leonie und Ammerland säumen verspielte historische Villen den Fahrradweg, in denen so mancher Promi lebt(e). Sie haben alle private Badestrände. Hier gehört der See den Menschen, die sich die exklusive Lage leisten können. Schade.

Infokasten: Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters

Charakter der Tour: eine Kulturtour par excellence

Schwierigkeitsgrad: Ein bisschen Übung im Radfahren ist von Vorteil, aber supersportlich musst du nicht sein. Ich selbst würde mich als bewegungsfreudig bezeichnen, eine Sportskanone bin ich ganz sicher nicht. Allerdings war ich auch – im Gegensatz zum sportlich gestählten Mann – mit Rückenwind unterwegs, einem E-Bike/Pedelec.

Die Etappen inkl. GPS-Daten zum Download:

Tag 1 München – Bad Heilbrunn oder Benediktbeuern

Tag 2 Bad Heilbrunn oder Benediktbeuern – Murnau

Tag 3 In Murnau

Tag 4 Rückfahrt Murnau – München (bzw. Starnberg)

Wir waren an drei Tagen jewels zwischen 60 und 88 km unterwegs. Dazwischen hatten wir einen Tag zum Entspannen eingeplant. Eine super Idee! Insgesamt ein rundum tolles Programm. Im Nachhinein würde ich aber auf dem Rückweg in Starnberg in die S-Bahn steigen, denn 88 km strapazieren auch mit Rückenwind das Sitzfleisch und waren bei hochsommerlichen 35 °C heftig. Den letzten Teil der Strecke kennst du sowie so schon vom Hinweg.

Varianten: Du kannst meine Route nachradeln, aber natürlich auch verkürzen und einen anderen Einstiegsort wählen. Alternativ kannst du die Tour verlängern, um Wanderungen oder mehr Zeit für Badepausen einzuplanen. Alle, die nicht gern aufs Rad steigen, können die Kulturstationen herauspicken und einen klassischen Roadtrip mit dem Auto machen.

Iffeldorf und die Osterseen

Wenn du die Südspitze des Starnberger Sees erreicht hast, steuerst du das hübsche kleine Iffeldorf an, bekannt als Ausgangspunkt für die Erkundung der Osterseen. Rund zwanzig größere und kleinere Seen bilden die Seenplatte – umgeben von Schilf, Wald und Wiesen. Die Szenerie erinnert ein bisschen an Skandinavien. Wäre da nicht die Bergkulisse! Die Seen sind Naturschutzgebiet, das Baden ist deshalb nur an ausgewiesenen Stellen erlaubt. Die sind dafür umso schöner. Am ersten Tag unserer Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters hatten wir aber das Ziel im Kopf und haben uns die Badepause verkniffen.


Auf einer Anhöhe oberhalb von Iffeldorf liegt die Heuwinklkapelle, eine Marienwallfahrtsstätte mit mächtiger Kuppel, an der im 18. Jh. berühmte Stuckateure der Wessobrunner Schule arbeiteten. Heute ist sie beliebt als Hochzeitskapelle. Du radelst direkt daran vorbei.

Wallfahrtskirche Maria Heuwinkel in Iffeldorf
Wallfahrtskirche Maria Heuwinkel in Iffeldorf

Penzberg und die Sammlung Campendonk

Dann ist es auch nicht mehr weit bis in die ehemalige Bergbaustadt Penzberg, wo du im Museum Penzberg zum ersten Mal in die Welt des Blauen Reiters eintauchen kannst. 

Das Museum ist noch ein Newcomer – erst 2016 eröffnet. Klein, aber fein. Die Räume verteilen sich auf ein charakteristisches Bergarbeiterhaus des 19. Jahrhunderts und einen Neubau mit dunkler Klinkerfassade. Im Mittelpunkt der Dauerausstellung steht die Sammlung Campendonk, die weltweit größte Sammlung von Werken Heinrich Campendonks. Die Ausstellung zeigt einen Überblick über das Gesamtwerk des Künstlers. Campendonks Bilder waren auch für uns eine echte Entdeckung und besonders beeindruckten uns seine Hinterglasbilder. Die alte Technik der Hinterglasmalerei hatten die Mitglieder der Künstlergruppe Blauer Reiter wiederentdeckt. Avantgarde meets Volkskunst.

Museum Penzberg
Museum Penzberg

Der jüngste Blaue Reiter: Heinrich Campendonk

1911 war der Rheinländer Heinrich Campendonk (1889–1957) – erst 21 Jahre alt – der Einladung von Marc und Kandinsky nach Oberbayern gefolgt. Er wurde das jüngste Mitglied der Künstlergruppe Blauer Reiter, die sein Werk entscheidend prägte. 1911–1916 lebte er in Sindelsdorf, bis 1922 in Seeshaupt, bevor es ihn zurück ins Rheinland zog. Als Einziger in der Freundesclique verarbeitete Campendonk während seiner Zeit in Oberbayern mehrfach Motive aus der Bergarbeiterstadt Penzberg, die nicht so recht ins Bilderbuchbayern passten. 1934 emigrierte der Künstler zunächst nach Belgien, dann in die Niederlande. Bis zu seinem Tod in Amsterdam durchlief er noch zahlreiche künstlerische Phasen.

Unser zweite Station in Penzberg ist das Islamische Forum Penzberg, das wenig romantisch an der Hauptstraße liegt. Architektonisch ist es ein Hingucker. Eine Fassade aus blauem Glas, flankiert von einem durchbrochenen Stahlminarett, schmückt die Moschee – ein Werk des Augsburger Architekten Alen Jasarevic. Als „Prototyp einer neuen, zeitgemäßen Euroislam-Architektur“ erhielt sie mehrere Auszeichnungen.

Moschee in Penzberg
Moschee in Penzberg

Noch eine Stunde bis zu unserem Domizil. Wir hatten zunächst Benediktbeuern für die Übernachtung eingeplant. Ein Zimmer fanden wir dann nur noch in Ramsau bei Bad Heilbrunn. Im Nachhinein ein Glücksfall, denn so entdeckten wir ein wunderbares Gasthaus. Wenn du direkt nach Benediktbeuern fahren willst, kannst du bei rechtzeitiger Buchung im Gästehaus des Klosters einchecken. 

Gut schlafen und speisen rund um Benediktbeuern

Gasthof RamsAu bei Bad Heilbrunn
Nachtquartier in Bad Heilbronn
Übernachtung im Gasthof RamsAu

Gasthaus RamsAu (Ramsau 6, 83670 Bad Heilbrunn) – historisches Gasthaus mit gemütlicher Stube und gleich zwei Biergärten. Die Küche ist bayerisch, regional, saisonal und lecker.

Gästehaus im Kloster Benediktbeuern (Don-Bosco-Straße 1, 83671 Benediktbeuern)

Tag 2 Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters | Etappe 2: Bad Heilbrunn – Murnau

Am nächsten Morgen steht für uns der Schlenker zum Kloster Benediktbeuern an. Zu Kloster und Moorwanderung ringsum gibt es einen eigenen Artikel. Wenn du im Gästehaus des Klosters übernachtet hast, kannst du länger schlafen. Oder dir Zeit fürs Kloster nehmen. Es gibt viel zu entdecken: gleich zwei Kräutergärten, ein Meditationsweg auf den Spuren des heiligen Benedikt und die Fraunhofer-Glashütte u.a. Vom Kloster aus radeln wir auf bequemen Wegen durchs Loisach-Kochelsee-Moor vor der Kulisse von Benediktenwand, Jochberg, Heimgarten und Herzogstand. Entlang des Wegs locken gleich ein paar Ablenkungen: Barfußweg, Vogelbeobachtungsstation und Hochmoorweg gehören zum spannenden Moorerlebnisweg. Wenn du das alles mitnehmen willst, musst du allerdings doch ein bisschen früher aufstehen. Oder du kommst bei nächster Gelegenheit wieder.

blauer reiter benediktbeuern glashuette 02 |
Kloster Benediktbeuern mit Fraunhofer-Glashütte
Kräutergarten am Kloster Benediktbeuern
Kloster Benediktbeuern: Kräutercafé

Kunstspaziergang in Sindelsdorf

Nächstes Ziel unserer Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters ist Sindelsdorf. Dort lebten und arbeiteten Franz Marc und seine Frau Maria sowie Heinrich Campendonk und Jean-Bloé Niestlé einige Jahre. Der Rest der Malerclique kam häufig zu Besuch und bekannte Gemälde wie der (verschollene) „Turm der blauen Pferde“ von Marc entstanden hier.

Ausgeschildert ist ab dem Ortszentrum ein Malerspaziergang auf den Spuren der berühmten ehemaligen Bewohner. Das Highlight der Runde ist zweifellos die ganze Gartenlaube, die früher vor dem Niggl-Haus stand, in dem die Marcs lebten. Dort erfand die Künstlerclique den Namen Blauer Reiter.

„Den ‘Blauen Reiter’ erfanden wir am Kaffeetisch, in der Gartenlaube in Sindelsdorf; beide liebten wir Blau. Franz Marc die Pferde, ich die Reiter. So kam der Name von selbst. Und der märchenhafte Kaffee von Frau Maria Marc mundete uns noch besser.“

WASSILY KANDINSKY

Ein witziger Zufall: Gerade als wir vor der Gartenlaube stehen, reitet ein Mann mit blauem T-Shirt vorbei. Der Blaue Reiter live im Sattel. Weiter geht es vorbei an Häusern, in denen die Maler vor dem ersten Weltkrieg lebten und arbeiteten.

Das Ende des Blauen Reiters

Nur wenige Jahre durfte die Künstlergruppe neue Wegen in der Malerei einschlagen und nach dem „Geistigen in der Kunst“ (Kandinsky) suchen. Statt der „Epoche des Großen Geistigen“, die man erwartete, folgte das Blutbad des Ersten Weltkriegs. Marc starb 1916 auf dem Schlachtfeld von Verdun. Zwei Jahre zuvor war mit August Macke schon ein weiterer „Blauer Reiter“ gefallen. Kandinsky und Münter trennten sich und der russische Künstler ging zurück in seine Heimat. Der Beginn des Krieges markierte das Ende des Blauen Reiters.

Ehemaliges Wohnhaus von Heinrich Campendonk in Sindelsdorf
Ehemaliges Wohnhaus von Heinrich Campendonk in Sindelsdorf

Franz-Marc-Museum in Kochel

Nächster Stopp auf unserer Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters ist Kochel am Kochelsee. Dort steht auf einer Anhöhe seit 2008 der Neubau des Franz-Marc-Museums. Herzstück der Sammlung sind Werke von Franz Marc und anderen Künstlern des Blauen Reiters. Aber auch Bilder der Künstlergruppe „Brücke“, der zweiten Avantgardebewegung in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg, sind vertreten. Und Kunstwerke, die nach dem Zweiten Weltkrieg den gerissenen künstlerischen Faden der Moderne wieder aufnahmen.

Nach dem Museumsbesuch kannst du von der Terrasse des Cafés Blauer Reiter auf den türkis schimmernden Kochelsee blicken.

Fahrradparkplatz am Franz-Marc-Museum in Kochel
Vorbildlich: Fahrradparkplatz am Franz-Marc-Museum in Kochel

Kunstspaziergang durch Kochel

Durch Kochel führt ein Kunstspaziergang zu acht Plätzen, an denen Franz Marc malte oder die ihn zu Werken inspirierten. Im idyllischen Fischerviertel in Seenähe steht die Kirche St. Michael. Auf dem Friedhof erinnert ein schlichter Grabstein an Franz und Maria Marc.

Grab von Franz und Maria Marc in Kochel
Grab von Franz und Maria Marc in Kochel
Fischerviertel Kochel

Franz Marc im Blauen Land

Franz Marc (1980–1916) war neben Wassily Kandinsky führender Kopf und Mitbegründer der Redaktionsgemeinschaft „Der Blaue Reiter“, die am 18. Dezember 1911 ihre erste Ausstellung in München eröffnete und einen Almanach herausgab. Der Umzug nach Sindelsdorf wurde für ihn wie für seine Kollegen zum künstlerischen Wendepunkt.

Zunehmend fokussierte sich Marc, für den das Tier zur Metapher für kreatürliche Reinheit und Unschuld wurde, in der ländlichen Abgeschiedenheit auf Tierbilder. Das Tier als Sinnbild für die „Spiritualisierung der Welt“. Nach und nach wurde die Farbgebung für ihn wichtiger: „Blau ist das männliche Prinzip, herb und geistig. Gelb das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich. Rot die Materie, brutal und schwer und stets die Farbe, die von den anderen beiden bekämpft und überwunden werden muß!“

Seine Formensprache näherte sich nach dem Vorbild von Picasso und Braque kubistischen Formen an. Der Weltkrieg beendet seine künstlerische Laufbahn. Kein Happy End für die Kunst.

Von Kochel nach Murnau

Die letzten Stationen des Rundgangs liegen am See, wo Marc Winterszenen malte. Ringsum reichlich Liegewiesen und Badeplätze. Wir radeln aber weiter bis Schlehdorf, wo wir den Badeplatz Gmoala mit tollem Blick auf Kloster Schlehdorf entdeckten. Einfach an der Seestraße auf einen schmalen Fußweg in Richtung See abbiegen.

Badeplatz am Kochelsee
Badeplatz am Kochelsee

Auf dem Weg nach Murnau schlägt der Mann noch eine Schlenker vor. Er beinhaltet einige Kilometer und reichlich Höhenmeter. Ich lasse mich überreden. Und tatsächlich: Der Umweg zum Hofcafé Stern lohnt sich. Es gibt Tortenstücke von beachtlicher Größe und das Blaue Land mit dem Kochelsee vor der Bergkulisse breitet sich vor uns aus. Dann aber schnurstracks nach Murnau.

Hofcafé Stern auf dem Weg nach Murnau
Hofcafé Stern mit Blick auf Berge und Kochelsee

Bevor wir einlaufen, noch ein Hüpfer in den Froschhausener See, der direkt am Weg liegt. Ein kleiner, feiner Moorsee mit toller Badestelle. 

Froschhausener See
Froschhausener See

In Murnau war von Anfang an klar, wo ich übernachten wollte: im Griesbräu. In dem Gasthof wohnten nämlich Münter und Kandinsky bei ihrem ersten Besuch in Murnau.

„Murnau hatten wir auf einem Ausflug gesehen 
und an Jawlensky und Werefkin empfohlen, 
die uns im Herbst auch hinriefen. 
Wir wohnten im Griesbräu und es gefiel uns sehr.“

Gabriele Münter, 1908

Gut schlafen und speisen in Murnau

Heute ist das Griesbräu (Obermarkt 37, Murnau am Staffelsee) Hotel, Brauerei, Gasthof und Biergarten. Eine gute Wahl mitten im Herzen der Stadt. 

Mariensäule in Murnau
Mariensäule in Murnau

Abends sitzen wir wunderbar auf der Terrasse des Restaurants Schlossgarten am Schlossmuseum. Die Küche ist nicht bayerisch, sondern leicht und frisch. Genau das Richtige für einen warmen Sommerabend.

Tag 3 Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters | In Murnau

Nach zwei Tagen auf dem Fahrrad ist Zeit für eine Ruhepause. Ganz faul sind wir trotzdem nicht. Ein weiteres Kapitel zum Blauen Reiter wartet vormittags im Schlossmuseum.

Der Blaue Reiter in Murnau

Im Schlossmuseum Murnau stehen die Werke von Gabriele Münter (1877–1962) im Fokus. Faszinierend wie die Gemälde sind die historischen Fotos. Eines zeigt Münter mit langem Gewand und Strohhut vor der Staffelei inmitten der Natur. Das klassische Outfit der Sommerfrischlerin aus der Stadt, die im Sommer im Murnauer Land vom Stadtleben entspannte. Schon damals boomte der Tourismus in Murnau. Den Grundstein für den Fremdenverkehr hatten die Stadtväter bereits 1868 mit der Gründung des Verschönerungsvereins gelegt. Nach der Eröffnung der Bahnlinie München–Murnau 1879 strömten die Besucher.

Gabriele Münter in Murnau

Als Frau durfte Münter nicht die Münchner Kunstakademie besuchen. Neben ihrer Ausbildung in der Damenakademie des Künstlerinnen-Vereins nahm sie privat Malkurse, u.a. bei Wassily Kandinsky. Die beiden wurden ein Paar, doch unglücklicherweise war Kandinsky bereits verheiratet. Um dem Skandal aus dem Weg zu gehen, waren die Künstler in den ersten Jahren ihrer Beziehung meist auf Reisen. Doch erst in Murnau sollte Münter als Künstlerin reifen. Sie ließ die impressionistische Malerei hinter sich und entwickelte ihre eigene Formensprache. Heute gilt sie als wichtigste deutsche Künstlerin des Expressionismus neben Paula Modersohn-Becker.

Schlossmuseum Murnau
Schlossmuseum Murnau

Nach der Kultur am Vormittag radeln wir nach Seehausen am Staffelsee und genießen ein paar Stunden im Schwimmbad. Nachmittags nehmen wir in der einstigen Villa Gabriele Münters wieder die Spur des Blauen Reiters auf.

Idylle am Staffelsee
Idylle am Staffelsee

Das Russenhaus

Münter kaufte 1909 die Villa in der Kottmüllerallee, die heute als Münter-Haus bekannt ist. Die Einheimischen nannten es abfällig das „Russenhaus“. Kein Wunder: eine wilde Ehe ohne Trauschein – noch dazu mit einem Ausländer. Was für ein Skandal vor dem ersten Weltkrieg! In Murnau lebteund arbeitete das Paar bis 1914 vor allem in den Sommermonaten und beherbergte Malerfreunde wie Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky, Franz Marc, August Macke oder den Komponisten Arnold Schönberg.

Der Krieg beendete die Idylle, die Beziehung zu Kandinsky zerbrach. Ab 1931 bis zu ihrem Tod lebte Münter wieder in der Villa in Murnau und zahlreiche Gemälde von Kandinsky überdauerten die Kriegs- und Nachkriegszeit in ihrem Keller. 1957 schenkte sie der Stadt München ihre eigenen Bilder, die Werke Kandinskys in ihrem Besitz (viele davon hängen heute im Münchner Lenbachhaus) sowie Gemälde von Künstlerfreunden. Heute empfängt dich beim Besuch wieder der Geist der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Münterhaus in Murnau
Münterhaus in Murnau

Ihren Namen verdankt die Kottmüllerallee der traumhaften Eichenallee, die Murnauer Stadtväter bereits 1909 für die Urlauber aus der Stadt anlegen ließen. Wir schieben die Räder unterm Blätterdach und stehen nach einer Weile vorm ehrwürdigen Kircherl St. Georg, das sich über dem Moor erhebt. Gleich daneben das Gasthaus Ähndl, wo wir fürs Abendessen reserviert haben.

Ramsachkirche am Murnauer Moos
Ramsachkirche am Murnauer Moos

Wie gemalt: das Murnauer Moos

Vor dem Essen radeln wir noch ein Stück weit ins Murnauer Moos – das größte zusammenhängende naturnah erhaltene Moorgebiet Mitteleuropas –, das abends seinen besonderen Zauber vor der Kulisse von Estergebirge, Ammergauer Alpen, Karwendel und Wetterstein entfaltet. Dort kannst du auch wunderbar wandern. Die vierstündige Moorwanderung ist traumhaft, aber ein bisschen lang an heißen Sommertagen. Wenn es eine kürzere Wanderung sein soll, ist die aussichtsreiche Runde am Riegsee inklusive Badepause eine tolle Alternative.

Murnauer Moos
Murnauer Moos
Sibirische Schwertlilie
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Wir sitzen pünktlich um 19 Uhr im Biergarten vom Ähndl unter alten Kastanien. Die Stimmung ist zauberhaft und die Küche köstlich. Kein Wunder: Am Herd steht Thilo Bischoff, der im Alpenhof Murnau einen Stern erkochte. Die Preise sind trotzdem überaus fair. Ein Herz für Vegetarier hat man außerdem.

Ähndl mit Biergarten
Ähndl mit Biergarten

Tag 4 Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters | Murnau – München

Schade, es geht schon wieder heimwärts. Gern hätte ich die Mini-Sommerfrische um ein paar Tage verlängert. Wir radeln wieder in Richtung Osterseen, die wir diesmal von der anderen Seite anfahren. Hier wie dort die reine Idylle.

Am Starnberger See entlang nach Starnberg

Dann blinzelt auch schon der Starnberger See zwischen den Bäumen hervor. Zwischen Seeshaupt und Bernried gibt es viele nette Badeplätze – anders als auf der anderen Seeseite. Bernried schließlich gehört zu meinen Lieblingsplätzen am Starnberger See. Die Seele des Ortes ist das Kloster, zu dem eine Lindenallee führt. Das Seeufer grenzt an einen Englischen Landschaftspark mit mächtigen alten Bäumen. Die große Attraktion Bernrieds seit rund zwanzig Jahren aber ist das Museum der Phantasie, das der Kunstsammler, Maler, Verleger, Kunstbuch- und Romanautor Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) stiftete. Das Museumsgebäude, umgeben von einem Park, ragt wie ein Schiff in den See. Zu den bedeutendsten Werken der Sammlung gehören Bilder von namhaften Expressionisten wie Erich Heckel, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein.

Weiter geht es über Tutzing und Feldafing, wo ein nostalgisches Schwimmbad zu einer Badepause einlädt. In Possenhofen sind wir dann im Sisi-Land angekommen. Das Schloss, in dem die spätere Kaiserin von Österreich ihre Jugend verbrachte, liegt mitten im wahrhaft paradiesischen Badegelände „Paradies“ mit Badestegen, Grillplätzen, Spielplätzen. Ein bisschen versteckt hinter einer Hecke allerdings, es ist in Privatbesitz. Möglich dagegen ist ein Abstecher per Boot auf die Roseninsel, wo sich Sissi gern mit ihrem schwermütigen Cousin Ludwig II. von Bayern traf.

Sisi am Starnberger See: Schloss Possenhofen
Schloss Possenhofen

Das Finale der Radtour auf den Spuren des Blauen Reiters: Starnberg mit seiner Seepromenade. Am Dampfersteg nahmen wir einen letzten Kaffee, bevor es endgültig heimwärts geht. Die entspanntere Alternative: die S-Bahn nach München. 

Schiffsanleger in Starnberg
Schiffsanleger in Starnberg

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Hallo, ich bin Elke. Schon als kleines Mädchen immer mit dem Finger auf der Landkarte unterwegs. Als Reisejournalistin, Reisebuchautorin und Reiseleiterin heute Berufsreisende. Mit viel Know-how zu Asien und Neuseeland, aber auch leidenschaftlich gern vor der Münchner Haustür – in Oberbayern oder im Allgäu – unterwegs. Am liebsten mit Wanderstiefeln oder mit dem Fahrrad. Auch wenn ich schon einiges von der Welt gesehen habe – die Entdeckerlust ist immer noch endlos. Wo ich mich aktuell herumtreibe, erfahrt ihr auf meinem Insta-Profil.

10 Kommentare

  • travellingcarola
    6. Juli 2021 at 8:29

    Als Kind in der Schule war ich fasziniert von den Bildern von Franz Marc. Die Idee, sich radelnd auf die Spuren des Blauen Reiters zu begeben, gefällt mir. Ich mag die Verbindung von sportlicher Aktivität und Kultur, vor allem in einer so schönen Landschaft. Ich kann mir gut vorstellen, die beschriebene Route einmal nachzufahren. Danke für die tolle Idee.

    Antwort
    • Elke
      6. Juli 2021 at 8:34

      Liebe Carola,
      genau – die Mischung aus sportlicher Betätigung, Kultur und Natur macht den Reiz der Tour aus. Ich bin sicher, sie würde dir gefallen!
      Liebe Grüße
      Elke

      Antwort
  • Gabriele Tröger
    6. Juli 2021 at 8:43

    Liebe Elke, das hört sich alles wahnsinnig spannend an und genau nach der Mischung, die wir lieben: Natur, gutes Essen, Kunst und spannende Architektur. Geplant ist das Blaue Land schon länger, aber Corona hat uns immer einen Strich durch die Rechnung gemacht und jetzt stehen erstmal andere Destinationen an. Hoffentlich dann nächstes Jahr mit deinen Tipps im Gepäck. Liebe Grüße, Gabi und Michael

    Antwort
    • Elke
      6. Juli 2021 at 8:47

      Liebe Gabi, lieber Michael,
      das Gute liegt manchmal zu nah ;-). Aber durch Corona haben wir die Nahziele schätzen gelernt, oder? Die Tour ist wirklich ein Traum – wenn das Wetter passt. Hoffentlich schafft ihr es im nächsten Jahr!
      Liebe Grüße
      Elke

      Antwort
  • Thomas
    6. Juli 2021 at 10:23

    Wow, coole Radtour. Die speichere ich mir mal ab, für kommende Reiseplanungen.

    LG Thomas

    Antwort
    • Elke
      6. Juli 2021 at 10:26

      Lieber Thomas,
      ist echt cool 😉 – unbedingt ausprobieren!
      Liebe Grüße
      Elke

      Antwort
  • Karen von KAREN ON TOUR
    6. Juli 2021 at 11:06

    Liebe Elke,
    das ist ein toller Bericht über eine Radtour, die ich unbedingt machen möchte. Das nehme ich mir zum Vorbild. Und supertoll geschrieben ist er auch, dazu die schönen Fotos – ich bin begeistert.
    Liebe Grüße
    Karen

    Antwort
    • Elke
      6. Juli 2021 at 11:15

      Liebe Karen,
      vielen Dank für den Kommentar. Schön, wenn ich dich inspirieren konnte! Und hoffentlich findest du die Zeit für einen Abstecher ins Blaue Land.
      Liebe Grüße
      Elke

      Antwort
  • Thomas
    9. Juli 2021 at 8:35

    Liebe Elke, wie schön, dass Du Viel- und Weitgereiste unser nahes Voralpenland so magst. Die Radtour klingt super und wird gemacht! Freue mich auf weitere Tipps und Impressionen. Liebe Grüße
    vom Thomas

    Antwort
    • Elke
      9. Juli 2021 at 8:39

      Lieber Thomas,
      dann wünsche ich dir viel Spaß beim Radeln!
      Liebe Grüße
      Elke

      Antwort

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